Koalition lässt Hausärzteverband gewähren

Die Rückabwicklung der Vorfahrtsklausel für den Hausärzteverband ist ausgeblieben. Der Paragraf 73 b bleibt unverändert. Etliche Kassen granteln, denn nun haben Hausärzte das Heft des Handelns in der Hand.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:

Spricht man mit Ärzten, Kassen-Vertretern und Gesundheitspolitkern über Hausarztverträge, dann bewegt man sich in Parallelwelten: Für die einen sind Hausarztverträge nach Paragraf 73 b der Aufbruch in eine neue Versorgungswelt mit vielen Chancen: bessere Versorgung, flächendeckende Fortbildung, höhere Vergütung. Für die anderen, etwa für Birgit Fischer, künftige Vorsitzende der Barmer Ersatzkasse, ergeben sich Einsparpotenziale von bis zu einer Milliarde Euro, wenn Hausarztverträge nicht aufgelegt werden: Diese Vereinbarungen brächten Ärzten nur mehr Geld, den Versicherten aber kaum zusätzlichen Nutzen.

Fakt ist: Die schwarz-gelbe Koalition hat den geltenden Paragrafen 73 b - ungeachtet vieler Widerstände in CDU und FDP bestätigt. Es gibt somit einen Zwang zum Abschluss dieser Verträge für die Kassen, wenn die Mehrheit der Hausärzte einer Region dies wünscht. Und genau das ist der Kurs des Deutschen Hausärzteverbandes: Vollversorgungsverträge mit Bereinigung ohne die KV. Musterstücke für diese Strategie sind die flächendeckenden AOK-Hausarztverträge in Bayern und Baden-Württemberg. Dies soll erst der Auftakt sein. 2010 will der Hausärzteverband mit Hausarztverträgen seiner Organisation die Milliardenmarke knacken. Grünes Licht der Koalition dafür hat er. Denn die beschränkt sich darauf, 2012 festzustellen, "wie viele Hausarztverträge deutschlandweit geschlossen worden sind". Dass aus diesem Zählappell eine Rückabwicklung der Verträge folgt, gilt als sehr unwahrscheinlich.

Das Jahr 2009 endet für den Hausärzteverband mit einer erfreulichen Nachricht. Mit der Signal Iduna IKK konnte erstmals ein bundesweiter Hausarztvertrag geschlossen werden. Dabei wird deutlich, dass die mit dem AOK-Vertrag in Baden-Württemberg eingeführten Elemente sich zum Standard entwickeln. So etwa die pauschalierte Vergütungs- und schlanke Abrechnungsstruktur oder die Versorgungsassistentin VERAH.

Bei einer nicht-repräsentativen Umfrage der "Ärzte Zeitung" im Herbst dieses Jahres haben sich die 1550 teilnehmenden Ärzte überwiegend zufrieden mit den bereits laufenden Hausarztverträgen gezeigt. Knapp 50 Prozent votierten, sie sähen mehr Vorteile als Nachteile. Etwa 15 Prozent meinten, beides halte sich die Waage. 7,8 Prozent dagegen betonten die Nachteile der Verträge.

Immerhin jeder vierte Teilenehmer sprach sich bei der Umfrage für Verträge aus, an denen sowohl freie Ärzteverbände, Kasse und KV beteiligt sind. Knapp 15 Prozent wollten nur KV und Kasse als Vertragspartner sehen. Dies zeigt, dass die Strategie des Hausärzteverbandes, allein auf Vollversorgungsverträge zu setzen, die ohne die KV abgewickelt werden, verbandsintern auch Kritiker hat. Dies zeigte sich im Herbst nicht zuletzt im Rücktritt von Andreas Petri, Landesverbands-Chef in Sachsen-Anhalt. Er hatte für mehr regionale Gestaltungsmöglichkeiten plädiert und wollte die KV mit im Boot sehen.

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