MVZ - Monopol für Ärzte?

Für Kliniken plant Gelb-Schwarz ein Investitionsverbot.

Von Helmut Laschet

Die Schaffung Medizinischer Versorgungszentren durch das 2003 beschlossene Gesundheitssystem-Modernisierungsgesetz (GMG) folgte der Maxime, neue Formen der ärztlichen Berufsausübung zu ermöglichen, verschiedene medizinische Professionen in einer Institution zusammenzubringen und schließlich auch die Kluft zwischen ambulanter und stationärer Versorgung zu überwinden.

Gelungen ist dies bislang nur punktuell. Knapp 6300 Ärzte waren bundesweit zur Jahresmitte 2009 in Medizinischen Versorgungszentren tätig. Sie erreichen einen Anteil der Gesamtversorgung von etwa fünf Prozent, regional allerdings mit deutlichen Differenzierungen. MVZ-Hochburgen sind Bayern und Berlin. Nur dort scheinen sie sich inzwischen zu einer für die Versorgung relevanten Organisationsalternative entwickelt zu haben.

Auch die Hoffnungen auf eine deutlich stärkere Integration und Interdisziplinarität haben sich bislang nur in Ausnahmefällen erfüllt. In einem durchschnittlichen Versorgungszentrum arbeiten 4,7 Ärzte, die Größe wächst nur langsam. Das hat auch historische Gründe. Die meisten MVZ sind aus Gemeinschaftspraxen hervorgegangen. Allerdings sind auch Krankenhaus-MVZ nicht wesentlich größer. Nur vereinzelt existieren Ansätze zu komplexen MVZ mit einem professionellen Management, die in der Versorgung mit einer bestimmten Marke auftreten und ein Netz-artigen Filialsystem entwickeln. Beispiele hierfür sind Polikum, Atriomed, Mediplaza oder auch die MVZ von Vivantes in Berlin.

Charakteristisch für diese MVZ ist ihre Interdisziplinarität, eine deutlich überdurchschnittliche Zahl mitarbeitender Ärzte verschiedener Fachrichtungen, die Kooperation mit nichtärztlichen Leistungserbringern - und zumindest bei den Klinik-MVZ auch die systematisch möglich werden Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus. Gerade diese Eigenschaften einiger weniger prominenter Beispiel-MVZ scheinen es zu sein, die Existenzsorgen bei konventionell niedergelassenen Ärzten hervorrufen. Befürchtet wird, dass Krankenhäuser, die ihrerseits über eigene MVZ ihre Kapazitäten besser auszulasten versuchen, systematisch Vertragsarztsitze aufkaufen und so allmählich die Freiberufler-Vertragsärzte verdrängen. KVen machen Atriomed, etwa in Hamburg, den Vorwurf, Vertragsarztsitze in attraktiven Innenstadtlagen zu konzentrieren und die Versorgung in Problemzonen zu gefährden.

Teilweise werden auch Verschwörungstheorien bemüht, in denen unterstellt wird, Kapitalgesellschaften könnten wie Heuschrecken in die ambulante ärztliche Versorgung eindringen und am Ende aus der Medizin ein System fremdbestimmter Profitmaximierung entwickeln. Das zumindest behauptet der bayerische Hausärztechef Dr. Wolfgang Hoppenthaller.

Bei CSU und FDP scheinen solche Weltuntergangsszenarien auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein. Die noch sehr junge Organisationsform der Medizinischen Versorgungszentren dürfte jedenfalls nach den Koalitionsplänen, die quasi ein Investitionsverbot für Nicht-Vertragsärzte vorsehen, an Dynamik verlieren.

Tatsächlich sind es weniger die Vertragsärzte als Kliniken und andere Träger, die das Modell vorantreiben. Die Zahl der Ärzte, die als - wirtschaftliche - Freiberufler in MVZ tätig sind, stagniert seit einiger Zeit. Hingegen scheinen MVZ eine gute Option für solche Ärzte zu sein, die nicht das wirtschaftliche Risiko des Freiberuflers auf sich nehmen wollen, sondern lieber als Angestellte arbeiten. Das dürfte auf jeden Fall auch für den wachsenden Anteil von Ärztinnen gelten, auf die die medizinische Versorgung in Zukunft unbedingt angewiesen sein wird.

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